Drei Seiten der Palliativmedizin beleuchtet
28.11.2022
Deggendorfer Palliativgespräche
bieten bewegende Einsichten
Mit drei Themenkreisen haben sich die
Deggendorfer Palliativgespräche beschäftigt: Prof. Dr. Michael Quintel sprach
über das Verhältnis der Palliativ- zur Intensivmedizin, Dr. Steven Hebert berichtete
von seiner Arbeit in der Kinderpalliativmedizin und Prof. Dr. Dr. Klein klärte
über die Behandlung von Kopf- und Halstumoren auf. Die Organisatoren Dr.
Susanne Zunko, Dr. Peter Kolbinger und Dr. Barbara Lighvani waren der Resonanz
sehr zufrieden – ein lebhafter Austausch entstand im voll besetzten
Historischen Saal des Alten Rathauses. Für die musikalische Gestaltung dankten
sie Julia Reif und Estella Lighvani.
In den Augen von Prof. Quintel hatte die
Intensivmedizin zunächst als höchstes Ziel das Überleben des Patienten: „sie verschafft
Zeit zur Heilung.“ Über die Zeit haben immer mehr auch ganzheitliche Aspekte
Eingang in die Intensivtherapie gefunden. Intensivstationen stehen oft unter
hohem Entscheidungsdruck – der Respekt der Autonomie des einzelnen Menschen,
erfordert häufig den Versuch die individuellen Wünsche und Vorstellungen von Patient*innen
über Gesundheit und Krankheit über ihre Angehörige zu ermitteln. Die
Palliativmedizin stellt die Linderung des Leids in den Mittelpunkt. Der Leiter
der Anästhesie am DONAUISAR Klinikum Deggendorf sieht darin jedoch keinen
Gegensatz, eine ganzheitlich orientierte Betreuung der Patienten und ihrer
Angehörigen ist – nach seiner Ansicht - unverzichtbarer Teil moderner
Intensivmedizin, die sich immer in Grenzbereichen bewege. Der Schlüssel sei
hier der kontinuierliche Dialog und die intensive, offene Kommunikation mit
allen Beteiligten.
Dr. Steven Hebert hob die Bedeutung der
persönlichen, zugewandten Haltung in der Arbeit mit sterbenden Kindern an der
Uniklinik Erlangen hervor. Ihm war es wichtig, ihre Person ganzheitlich zu
sehen und auch die Wünsche der Kinder zu berücksichtigen. Gleichzeitig würden
auch Eltern und Geschwister in die Betreuung durch das Team einbezogen. Gemeinsam
wird ein Hilfenetzwerk geknüpft, um eine Betreuung zu Hause zu ermöglichen,
wenn das möglich ist. Hierzu gibt es auch spezielle Betreuungsdienste.
In seinem Vortrag über bösartige
Kopf-Halstumore, die zwar allgemein wenig bekannt sind, aber sieben Prozent
aller Krebserkrankungen ausmachen, berichtete Prof. Dr. Dr. Cornelius Klein,
Chefarzt der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie am DONAUISAR
Klinikum, über die aktuelle Diagnostik und Behandlungsmöglichkeiten.
Hauptursache dieser Krebserkrankung sind bislang noch Alkohol- und
Nikotinmissbrauch, in zunehmendem Maße jedoch auch eine Infektion mit humanen
Papillomviren (HPV). Obwohl eine Früherkennung leicht möglich ist, begeben sich
betroffene Patienten häufig erst mit fortgeschrittenen Tumorstadien in eine
fachkundige ärztliche Behandlung. Nach einer umfassenden Diagnostik wird in
einer interdisziplinären Konferenz über Umfang und Art der Behandlung
(Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, Immuntherapie und deren mögliche
Kombination) beraten. In frühen Tumorstadien liegen die Heilungsaussichten bei
über 80 Prozent, in fortgeschrittenen dagegen nur bei unter 50 Prozent. Folge
ist dann oft ein langes Siechtum im Rahmen einer palliativen Behandlung. Dabei
ist eine Früherkennung leicht möglich: nicht abheilende Wunden in der Mundhöhle
oder nicht abwischbare weiße Verfärbungen der Mundschleimhaut oder eine
hartnäckige Heiserkeit sind oftmals erste Hinweise auf diese ernstzunehmende
Erkrankung.
Mit den diesjährigen Deggendorfer
Palliativgesprächen wurde eine langjährige Tradition wieder aufgenommen die das
Anliegen verfolgt, sowohl Spezialisten weiterzubilden als auch alle
Bevölkerungsschichten für das Thema Palliative care zu sensibilisieren.
Bildunterschrift:
Freuen sich über eine gelungene Wiederaufnahme der Palliativgespräche: Dr.
Barbara und Estella Lighvani (v.l.), Julia Reif, Prof. Dr. Dr. Cornelius Klein,
Dr. Susanne Zunko, Prof. Dr. Michael Quintel, Dr. Peter Kolbinger und Dr.
Steven Hebert.