Mit Veränderungen der Prostata lässt es sich leben
25.11.2022
Chefarzt Dr. Leonhard Stark spricht über bewährte und brandneue
Therapien
Deggendorf. Kaum ein Organ kann
Männern so viele gesundheitliche Probleme verursachen und ihre Lebensqualität
so stark beeinträchtigen, wie die Prostata, auch Vorsteherdrüse genannt. Über
Therapiemöglichkeiten bei Erkrankungen hat Chefarzt Dr. Leonhard Stark vom
Deggendorfer Klinikum informiert. Die gut besuchte Veranstaltung war von der
AOK, dem Kneippverein und dem Klinikum organisiert worden.
Mit vielen Schaubildern
veranschaulichte der Chefarzt das Organ und seine Funktionen. Die Prostata ist
ein kastaniengroßes Organ, das am Auslass der Harnblase, dem Blasenhals, liegt.
Sie bildet den ersten Abschnitt der männlichen Harnröhre vor dem Durchtritt
durch den Beckenboden. Durch langsame Größenzunahme führt die Prostata bei über
der Hälfte aller Männer zu Störungen. Die gutartige Vergrößerung der Prostata
(benigne Prostatahyperplasie; BPH) gehört zum natürlichen Alterungsprozess. In
erster Linie handelt es sich um eine Volumenzunahme der Prostatainnendrüse.
Diese kann zu Reizblasenbeschwerden und/ oder zu Kompression der Harnröhre mit
Erhöhung des Ausflusswiderstands führen. Sie manifestiert sich meistens erst ab
dem 55. Lebensjahr, nur in Ausnahmefällen früher. Neben den gutartigen
Vergrößerungen können auch Entzündungen (Prostatitis) oder bösartige
Entartungen (Prostatakarzinom) auftreten.
Die Prostata dient im
Wesentlichen der Fortpflanzung. Zum einen steuert sie Sekret zum Sperma bei,
zum anderen ist sie wesentlich für eine erfolgreiche Ejakulation. Durch
hormonelle Veränderungen kommt es im Alter zu einer Größenzunahme der Prostata,
zusätzlich steigt die Spannung im Bereich des Auslasses der Harnblase. Es fällt
dem Harnblasenmuskel zunehmend schwer, sich zu entleeren. Der Mann bemerkt
einen abnehmenden Harnstrahl; die Harnblase entleert sich nicht mehr ganz. Die
Folge ist Restharnbildung. "Die Prostata wird sich bei den meisten Männern
im Laufe des Lebens bemerkbar machen", betonte Dr. Leonhard Stark.
Die Prostatavergrößerung ist sehr
weit verbreitet. In Deutschland ist mehr als ein Viertel aller Männer über 50
Jahre betroffen. Zwar ist die Vergrößerung gutartig, doch verursacht sie meist
mehr oder weniger große Probleme beim Wasserlassen. Wird nichts dagegen
unternommen, kann es in einem fortgeschrittenen Stadium zum lebensgefährlichen
Harnverhalt kommen, also die Blase kann gar nicht mehr entleert werden.
Durch eine gutartige Vergrößerung
der Prostata und Veränderungen im Blasenhals könne es zu einer Abschwächung des
Harnstrahls und zu einer verstärkten Reizbarkeit der Harnblase kommen.
Nachtröpfeln, häufiger auch nächtlicher Harndrang sind die Folgen. Medikamente,
die den Blasenhals lockern und die Prostata verkleinern, können helfen. Wenn
das nicht mehr klappt, bliebe u.a. die Hobelung der Prostata, Laser, usw. Ein
pflanzliches Mittel sind Kürbiskerne. Wenn Medikamente nicht mehr ausreichen,
ist eine Operation erforderlich.
Eine Entzündung der Prostata kann
entstehen, wenn gewisse Substanzen aus dem Urin oder Bakterien in das Gewebe
der Drüse eindringen. Mediziner sprechen aus diesem Grund auch von zwei
unterschiedlichen Entzündungen, einmal von einer abakteriellen und einmal von
einer bakteriellen Prostatitis. Beide Erscheinungsformen äußern sich in
Symptomen wie häufigem Harndrang und Schmerzen beim Urinieren. Weiterhin können
Schmerzen im gesamten Unterleib, beim Geschlechtsverkehr, sowie beim Stuhlgang
auftreten. Häufig wird eine Entzündung auch von Fieber und einem allgemeinen,
akuten Krankheitsgefühl begleitet.
Während die akute Prostatitis,
die durch Bakterien bedingt ist, ein schweres Krankheitsbild ist, ist die
sogenannte chronische Prostatitis gelegentlich durch funktionelle Störungen im
Bereich des Beckenbodens bedingt. Wie bei allen Muskeln kann es auch im Bereich
des Beckenbodens zu erheblichen Verspannungen kommen, diese sind teils sehr
lästig und schmerzhaft, haben jedoch mit der Prostata selbst häufig nichts zu
tun. Der Chefarzt stellte die Behandlungsmöglichkeiten vor.
Der Prostatakrebs ist eine
häufige Erkrankung der Prostata. Das Prostatakarzinom ist in Deutschland der
häufigste Krebs unter Männern. Zwar bestehen gute Heilungschancen, wenn die
Krankheit früh genug diagnostiziert wird. Das Problem ist jedoch, dass
einerseits Beschwerden erst in einem fortgeschrittenen Stadium auftreten, diese
andererseits aber nicht eindeutig auf Prostatakrebs hinweisen, sondern auch bei
anderen Erkrankungen auftreten können. Deshalb kommt der Früherkennung hier
eine besondere Bedeutung zu.
Prinzipiell ist nur das
frühzeitig erkannte Prostatakarzinom heilbar, die Basis einer Früherkennung ist
weiterhin das PSA. Dabei gibt es beim Prostatakarzinom erhebliche Unterschiede
in der Aggressivität. Bei manchen Tumoren reicht ein kontrolliertes Abwarten
aus, bei anderen Tumoren ist eine Operation oder eine Bestrahlung der Prostata
anzuraten.
Beim fortgeschrittenen,
metastasierten Prostatakarzinom ist die Hormonbehandlung die Basis der
Therapie. Diese wird in der Regel als Hormonentzug durchgeführt, im Lauf der
Zeit setzt sich jedoch der Prostatakrebs gegen den Hormonentzug durch.
Dr. Stark schilderte anschaulich,
wie die Tumorzelle auf Vorstufen des Testosterons zurückgreift. Ein weiterer
Mechanismus der Krebszelle ist eine strukturelle Veränderung des sogenannten
Androgenrezeptors, der im Weiteren nicht mehr nur durch Testosteron, sondern
durch verschiedenste Moleküle zu aktivieren ist. Moderne Medikamente greifen
insbesondere in diese beiden Mechanismen ein. Wesentliche Rolle in der Therapie
des metastasierten Prostatakarzinoms spielt auch die Chemotherapie.
Als Ausblick in der Therapie des
metastasierten, fortgeschrittenen Prostatakarzinoms schilderte Dr. Stark die
künftigen Behandlungsmöglichkeiten. Erste ermutigende Ergebnisse lassen Hoffnung
aufkommen, auch weit fortgeschrittene Prostatakarzinoms effektiver behandeln zu
können .
Mit seinem aufrüttelnden Vortrag
über die moderne Tumortherapie machte Chefarzt Dr. Stark deutlich, dass den
Urologen heute ein breit gefächertes Arsenal an "Waffen" zur
Bekämpfung auch von fortgeschrittenen Krebsarten zur Verfügung steht. Damit
könne den Patienten das Leben und die Lebensqualität nicht selten weitgehend
erhalten bleiben. Um die ganze Breite der Behandlung zur Verfügung zu haben,
rät der Chefarzt zu einer Behandlung in einem von der Deutschen
Krebsgesellschaft zertifizierten Zentrum – wie es auch in Deggendorf etabliert
ist.
Je früher die Erkennung der
Krankheit, desto höher die Heilungschancen. Die Krankenkassen übernehmen ab dem
45. Lebensjahr die Kosten für eine Vorsorgeuntersuchung. Dieses Angebot sollte
genutzt werden, riet er.
Dem Vortrag schloss sich eine
rege Aussprache an.
Bildunterschrift:
Gerard Zacher vom Kneippverein (r.) und Christa Katzdobler von der AOK (l.)
unterhielten sich mit Chefarzt Dr. Leonhard Stark (m.) über Erkrankungen der Prostata
und deren mögliche Behandlung.