Ruhe vor dem Sturm
06.04.2020
Die Katastrophenlage
dauert weiterhin an. Vorstand Dr. Inge Wolff und Dr. Michael Mandl als
Ressortleiter Medizin und Pflege informieren im Folgenden über die aktuelle
Lage am DONAUISAR Klinikum Deggendorf.
Wie schätzen Sie die momentane Situation ein?
Dr. Inge Wolff: Die
Ruhe vor dem Sturm dauert noch an. Derzeit haben wir etwa 20 Patienten in
Behandlung. Etwa ein Viertel muss auf der Intensivstation behandelt werden. Wir
rechnen bis Ostern mit einem größeren Aufkommen. Darauf bereiten wir uns jeden
Tag vor. Die Nachrichten aus anderen Bundesländern lassen wenig Gutes erwarten.
Mit ganz viel Glück haben die drastischen Maßnahmen der Politik aber auch schon
geholfen.
Wie genau sieht eine Behandlung mit einem
Covid19-Patienten aus?
Dr. Michael Mandl: Wenn
Patienten mit schweren Symptomen, schwerem Husten oder hohem Fieber, vom
Rettungsdienst ins Klinikum eingeliefert werden, muss erst abgeklärt werden, ob
es sich um Corona handeln könnte. Dazu erfolgt eine Ersteinschätzung. Die
zweite Frage ist, ob die Symptome so schlimm sind, dass es einer stationären
Behandlung bedarf. Je nach Schweregrad wird der Patienten in die häusliche
Quarantäne entlassen, kommt auf unsere Corona-Station oder auf unsere
Corona-Intensivstation. Einige Patienten brauchen dann auch eine Beatmung.
Besonders hart trifft es ältere Patienten. Die bisher Verstorbenen sind meistens
älter als 80 Jahre, meistens mit Vorerkrankungen. Ein Patient war aber erst 53
Jahre alt. Es braucht keiner glauben, dass es ihn nicht treffen kann. Insofern
ist es sehr sinnvoll, dass hier auf das Kontaktverbot besonders geachtet wird.
Gibt es schon Patienten, die geheilt wurden?
Dr. Michael Mandl: Wir
haben schon einige Patienten nach Hause entlassen können. Das freut uns
natürlich sehr.
Wie ist aktuell die Situation was die Kapazitäten,
also die Krankenstationen angeht. Gibt es noch genügend Aufnahmeplätze?
Dr. Inge Wolff: Bisher
kommen wir mit einer Intensivstation mit 16 Plätzen und einer normalen Station
aus. Dort können wir aufgrund der Isolationsvorschriften statt 30 Patienten nur
ca. 15 Patienten unterbringen. Wir haben auch schon fertigen Stufenpläne wie
die Behandlungsmöglichkeiten deutlich ausgeweitet werden können. Wir müssen nur
den Schalter umlegen.
Wie sieht es momentan mit der medizinischen Versorgung
aus?
Dr. Michael Mandl: Die
medizinische Versorgung von Notfällen ist voll und ganz gesichert. Aufgrund der
Vorgaben der Bayerischen Staatsregierung muss der warten, der eine neue Hüfte
braucht. Wer einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erleidet, wird genauso
und genauso gut behandelt wie vor der Pandemie. Da braucht sich niemand Sorgen
machen. Aufgrund der verschärften Hygienemaßnahmen im Krankenhaus ist die
Gefahr, sich mit dem Coronavirus anzustecken extrem niedrig. Auch bei den
meisten Materialien sind wir weiterhin gut aufgestellt, auch wenn sich unser
Einkauf ziemlich anstrengen muss.
Wie geht es den Mitarbeitern?
Dr. Inge Wolff: Die
Situation ist für die Mitarbeiter sehr belastend. Das betrifft einerseits die
Seele. Eine Pandemie geht auch an erfahrenen Ärzten und Krankenpflegern nicht
spurlos vorüber. Zum anderen ist auch die körperliche Belastung nicht zu
unterschätzen. Das ständige Tragen von Schutzausrüstung macht eine anstrengende
Schicht noch deutlich schwerer. Unsere Mitarbeiter leisten Außergewöhnliches
und zwar nicht nur die Ärzte und Pflegekräfte, sondern die Reinigungskräfte,
die Techniker und in der Verwaltung. Überall findet man großen Einsatz und
große Flexibilität. Als kleines Dankeschön wird seit Mittwoch die Verpflegung der
Mitarbeiter kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dies ist dank eines Zuschusses
der Bayerischen Staatsregierung möglich geworden. Unsere Küche hat das mit
einer kurzen Übergangszeit sehr gut bewältigt. Heute hat jede Schicht zwei
Möglichkeiten zum Essen. Zum Mittagessen gibt es natürlich etwas Warmes. Das
ist eine großartige Leistung.
Kann die Bevölkerung noch etwas tun, um die
Krankenhäuser zu entlasten?
Dr. Michael Mandl: Wir
sind sehr dankbar für die vielen Zeichen der Solidarität. Uns erreichen in
diesen Tagen auch viele Spenden – das geht von Lunchpakten über Schokolade bis
hin zu Schutzmasken. Das alles stärkt uns den Rücken. Eine Bitte hätten wir noch:
Wer nur Angst hat, dass er sich mit Corona angesteckt hat, sollte sich
weiterhin an die 116117 wenden – auch wenn wir wissen, dass man da derzeit auf
eine Wartezeit gefasst machen muss. Wichtig ist es, besonders die Altenheime zu
schützen. Wenn der Virus dort um sich greift, gibt es schnell viele Todesfälle,
wie man in Würzburg und Wolfsburg gesehen hat.