Gemeinsam gegen Darmkrebs
11.03.2020
Infoabend
im Weissen Haus stößt auf großes Interesse
Neuhausen.
Jeder Fünfzehnte in Deutschland erkrankt irgendwann in seinem Leben an
Darmkrebs. Jedoch ist es leicht möglich, diesem vorzubeugen. Nach dem Motto
„Der Weg zum gesunden Darm“ sprachen verschiedene Experten zum Thema
Darmgesundheit und Krebsvorsorge im Weissen Haus in Neuhausen. Landrat
Christian Bernreiter hatte die Schirmherrschaft übernommen. Das große Interesse
im voll besetzten Saal freute vor allem Chefarzt Prof. Dr. med. Siegfried
Wagner, den Initiator der Veranstaltung.
Bereits
zum 17. Mal fand die Aktion im Rahmen des Darmkrebsmonats März statt. Heuer das
erste Mal in Neuhausen. Ziel der Veranstaltung ist es, möglichst viele Menschen
rechtzeitig anzusprechen und auf die Möglichkeiten der Prävention hinzuweisen.
Wagner lobte auch die gute langjährige Zusammenarbeit des DONAUISAR-Klinikums
und Darmzentrums Deggendorf mit der AOK, dem Kneipp-Verein, der VHS und der
Deutschen ILCO. Neu dabei in diesem Jahr war der Landkreis Deggendorf mit der
Ernennung zur „Gesundheitsregion plus“.
In
den Grußworten forderte Landrat Christian Bernreiter das Publikum dazu auf, zur
Darmvorsorge zu gehen. Er selbst gehe regelmäßig. Auch AOK-Direktor Jürgen Beck
und Margret Tuchen als Vertreterin des Kneippvereins betonten die Wichtigkeit
der Vorsorgeuntersuchungen. Beck erläuterte, dass jeder Krankenversicherte ab
dem 50. Geburtstag regelmäßige Schreiben mit Einladungen zur Vorsorge von
Darmkrebs bekomme.
Darmkrebsvorsorge
betrifft dabei jeden. In Deutschland stehen Krebserkrankungen direkt hinter
Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Todesursache Nummer zwei. Dabei stellt der
Darmkrebs bei Frauen die zweithäufigste und bei Männern die dritthäufigste
Krebsform dar. Jährlich erkranken etwa 60 000 Menschen in Deutschland an
Darmkrebs, und 24 000 sterben immer noch an den Folgen dieser Erkrankung.
„Mit
den Vorsorgeuntersuchungen ist es wie mit dem TÜV“, erklärte Dr. med. Matthias
Faigl, Hausarzt in Neuhausen. „Das Auto schickt man gerne zum TÜV, aber selbst
geht man nicht so gerne zur Vorsorge.“ Als Gründe nannte er die Angst vor den
Untersuchungen und die Angst, dass tatsächlich etwas auffällig sein könnte.
Dabei ist das Gefährliche am Darmkrebs, dass sich Beschwerden oft erst äußern,
wenn es bereits zu spät ist. Es gibt keine Frühwarnzeichen. Dies macht die
Vorsorgeuntersuchungen beim scheinbar gesunden Menschen umso bedeutender. Bis
sich gutartige Wucherungen, die sogenannten Polypen, zum bösartigen Karzinom
entwickelt haben, vergehen im Regelfall viele Jahre. „Genau diese Zeitspanne
muss genutzt werden, um den Prozess der Umwandlung von gut- zu bösartig zu
stoppen“, betonte Faigl.
Christa
Katzdobler, Dipl.-Ökotrophologin bei der AOK-Bayern, referierte über die
Vorsorge durch gesunde Ernährung. „In unserer heutigen Wohlstandsgesellschaft
essen wir zu viel, zu fett und zu süß“, erläuterte die Ernährungsexpertin. Für
den Darm besonders wichtig seien Ballaststoffe. Diese findet man vor allem in
rohem Gemüse, Obst und Vollkornprodukten. Dabei legte sie besonderes Augenmerk
darauf, regional und saisonal einzukaufen. „Bei jeder Mahlzeit sollte ein Teil
durch Gemüse und Obst ersetzt werden“, erklärte Katzdobler weiter. Auch mehr
Fisch und regelmäßiger Konsum von sauer gelegten Milchprodukten wie Joghurt,
Quark und Buttermilch sorgen für eine gesunde Darmflora und schützen den Darm
vor Erkrankungen.
Chefarzt
Prof. Dr. med. Siegfried Wagner betonte, dass seit Einführung der
Vorsorgeuntersuchungen 2003 der bis dahin stetige Anstieg der Neuerkrankungen
von Darmkrebs gestoppt werden konnte, und seither ein Rückgang der
Neuerkrankungen von 16% und der Todesrate von 25% zu verzeichnen sei. „Das ist
auf jeden Fall ein Fortschritt“, so Chefarzt Prof. Dr. med. Siegfried Wagner.
Trotzdem sei der entscheidende Erfolg die Teilnahmerate jeder
Screeningmaßnahme. In Deutschland bekommen Frauen ab 55 Jahren die
Darmspiegelung von den Krankenkassen gezahlt. Da Männer in der Regel früher
erkranken, ist das Alter für diese seit 2019 auf 50 Jahre gesenkt worden. Sind
bereits Fälle von Darmkrebs in der Familie bekannt oder liegen Vorerkrankungen
vor, wird das entsprechende Alter nochmals nach unten gesetzt.
Nach
dem aktuellen Forschungsstand stellte der Privatdozent Dr. med. Nicolas Graf
neue Möglichkeiten vor, wie in Zukunft eine Über- bzw. Untertherapie der
Patienten in den verschiedenen Darmkrebsstadien vermieden werden könne.
Außerdem betonte der Onkologe, dass sich die Prognose des metastasierenden
Darmkrebses laufend verbessert habe. So werden am DONAUISAR-Klinikum in wöchentlichen
Tumorkonferenzen zwischen allen beteiligten Abteilungen die Behandlungsdetails
abgestimmt, um den besten Therapieweg für jeden Patienten zu entwickeln.
Wie
sich das Darmzentrum Deggendorf im bundesweiten Vergleich schlägt, legte
Chefarzt Prof. Dr. med. Matthias Behrend dar. Mit anschaulichen Statistiken
erklärte er dem Publikum den Vergleich verschiedener Kriterien wie
Sterblichkeit und Behandlungszahlen. Deggendorf gehöre zu den besten
DKG-zertifizierten Darmzentren Deutschlands, konnte Prof. Behrend abschließend
zeigen.
Was
kann jeder Einzelne tun, war die abschließende Frage. Einen gesunden Lebensstil
mit gesunder Ernährung pflegen, viel Bewegung, wenig bis gar keinen Alkohol
trinken und auf Rauchen verzichten. Und natürlich zur Darmkrebsvorsorge gehen.
Margret Tuchen (v.l.), Jürgen Beck, Christian
Bernreiter, Prof. Dr. med. Matthias Behrend, Prof. Dr. med. Siegfried Wagner, Dr.
med. Matthias Faigl und Privatdozent Dr. med. Nicolas Graf.